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buchstabenrascheln
andrea karimé, kinderbuchautorin
Aktualisiert: 5. Mai
(Hier schreibe ich nahezu täglich ein Notat und veröffentliche mehrere wöchentlich als Blogartikel namens #tagebuchstaben. Biografisch, unsystematisch und poetisch. Vom Schreiben und Leben. Vom Arbeiten als Kinderbuchautorin (of Color) und Dichterin. Am Ende jeder Woche findest du ein Montagsgedicht.)
Diese Woche mit einem unfassbaren Tagmeer, vielen U-Bahn-Fahrten, einem noch sehr geheimen Projekt mit Kindern und Erwachsenen, der Künstlerin Amie McNee, einem berührenden Dialog in einer Lesung mit einem aus Syrien stammenden Viertklässler, beinahe unerträglichen Gleichzeitigkeiten und einem winzigen Fliegenlied als Montagsgedicht. Am very Ende der Woche leuchtete flockig-frohlockig: eine Zusage.
Heute berührendste Lesung mit „King kommt noch“ und 2 vierten Klassen mit betroffenen und nichtbetroffenen Kindern in Wuppertal. Das Buch, so merke ich immer wieder, ist für beide Gruppen empowernd. Junge aus Syrien kommt noch vorn, hat ein Anliegen: „Bei mir geht die Geschichte noch weiter: Der Hund ist im Himmel und fliegt da herum.“ Ich: „Bedeutet das, dass du glaubst, dass der Hund gestorben ist?“ Junge, bedauernd: „Ich muss sagen, vielleicht!“ Schweigen im Raum. Junge unterbricht es mit einem zweiten Anliegen: „Wo kommst du her?“ Ich: „Aus Deutschland!“ Junge: „Aber du hast gesagt: Eins von dir kommt aus Deutschland, eins von dir von woanders!“ Ich: „Ja stimmt: Eins von mir, meine Mutter, kommt aus Deutschland, eins von mir, mein Vater, kommt aus dem Libanon.“ Junge, nach einer Pause: „Ah! Libanon. Ich kenne es, das ist bei Syrien!“
Das Licht spuckt Licht und Spatzen ziselieren Morgentöne. Das Tagmeer kommt. Bringt Aufgaben und Kaffee. Ich lasse alles hinein. Irgendwo breiten sich menschliche Abgründe immer mehr aus. Ich kann das nicht alles stoppen. Nur in meinem Einflussradius ändere ich die Welt. Wie Anne Frank, glaube ich an diese Möglichkeit. „Wie wunderbar, dass niemand eine Minute warten braucht, um damit anzufangen, die Welt langsam zu verändern!“, schreibt sie im Tagebuch auf der Flucht vor den Nazis eingesperrt.
Auf dem gemeinsamen Trauertag für die Angehörigen von Israelis und Palästinensern herrscht ein ähnlicher Geist. One Voice to languages, sagte die jüdische Moderatorin des Joint Memorial Ceremony. Waynon, wo sind sie, klagt Fairouz. Und der Jerusalem Youth Chorus - Home singt eine Ode for all we’ve lost in zwei Sprachen und mit einer Stimme. Bing-Video Wie kann es sein, dass sich zu viele Menschen solch beeindruckender Tapferkeit und Versöhnlichkeit verschließen? Wie kann das sein? Weiß nicht, trotzdem weitermachen.
Denke heute noch so sehr an Anne Frank und wie dankbar ich bin, dass Michael Reif das Konzert realisiert hat. Ich glaube wir schafften einen „gemeinsamen Raum der Untröstlichkeit über das, was nie wieder gut wird“ (Czollek). Das hat mich etwas versöhnt damit, dass ich einen Tag vorher von einem Chormitglied hörte: „Man sollte die Palästinenser einfach aufteilen.“
„Art is not just for peace-times”, sagt Amie McNee im Ted Talk über Kunst in Zeiten Multikrisen. Sie spricht etwas an, was ich mich oft frage: Wie kann ich Kinderbücher schreiben, wenn es überall brennt? Sollte ich nicht meine Schreibkunst in den Dienst des Aktivismus stellen, wie zB Arundhati Roy es getan hat, als faschistische Kräfte in Indien so gruselig erstarkten? Aber gerade in Kriegszeiten brauchen wir Kunst, Poesie und auch gute Kinderbücher. Und deshalb setze ich mich weiter dran, lasse meinen Helden durch das Krokodil der Dichterin die Kraft der Sprache und der Freundschaft entdecken.
Heute sind alle Meta-Apps aus. Es ist still im Hof und ein Wolkenbrei liegt über meinem Tag. Ich wusste nicht, dass es so viele Apps sind, die zum Meta-Imperium gehören: Tiktok, Linkedin, Insta, Facebook, Youtube, Twich und WhatsApp. Ekelhaft, wie abängig ich von diesem Oligarchisten bin. Also heute alles aus. Gestern einmaliges Gespräch mit G. (9 Jahre alt), mit dem ich ja auch ein noch sehr geheimes Projekt machen werde, nächstes Jahr. Wir redeten eine Stunde. "Wenn ich Zeit habe, wache ich früh auf. Wenn ich keine Zeit habe, spät. Deshalb wache ich sonntags früh auf, vor allen anderen, und erfinden erst einmal Wörter!" Was für ein Junge. Auf dem Heimweg, zum Wochenende erwartete mich eine Zusage. Für eine Gedichtgeschichte. Mit Irem Kurt. Wahrscheinlich noch in diesem Jahr. Aber auch noch sehr geheim.
Ich singe dir was Träume sieht das brummig summig Fliegenlied
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