
Tagesbeginn mit tagebuchstaben
Hier schreibe ich (nahezu) täglich ein Notat und veröffentliche sie wöchentlich als Blogartikel namens #tagebuchstaben. Biografisch, unsystematisch und poetisch. Vom Schreiben und Leben. Vom Arbeiten als Kinderbuchautorin (of Color) und Dichterin. Diese Woche mit einer Ziesfeier, einer Bärenfeder, die Geschichten schneiend schreibt, einem lyrischen Versteck, Erinnerung an Mahmoud Darwisch und Hannah Arendt und dem Schalom/Salam/Klee/Montagsgedicht.
Dienstag, der 14.1.25 (Pups)
Heute tippe ich eine Geschichte für Yinkas kleine Tochter ab. Der Zwerg mit dem Pups im Mund. Leider kann der Zwerg nicht mehr sprechen, nur aus dem Mund pupsen, da er in den Mund des Zwergs umgezogen ist. Die Wolkenkratzerin könnte ja helfen, meine ich, aber die kleine Autorin möchte einfach immer weiter lachen. Deshalb muss der Zwerg den grünen Pups im Mund behalten. Da helfen auch keine schmierige Schneepizza und flierige Schneemarmelade. Aber mir fällt etwas für mich ein. Ein verschwindelicher Reim.
Mittwoch, der 15.1.25 (gelb)
Der Tag ist blau. Und gelb. Und das Flachdach trägt noch Pelz. Vor dem Schmelz. Und vor dem Fall der gelben Tonnen, die übergebühr (Was für ein Wort, sollte eigentlich ein Nomen sein.) gefüllt sind. Aber jedes Wort ist mehrdeutig. Auch gelb und Tonne. Deshalb bleibt die Bedeutung „wackelig, unsicher“, wie die Tonne usw. (Michèle Métail „Die Zwischensprache“.)
Donnerstag, der 16.1.25
Es scheint einen Deal zwischen Hamas und Israel zu geben. Mein Vertrauen vernebelt. So viel ist kaputt. Trotzdem bete ich mit all denen mit, die sich Ceasefire und Hostage-Deal wünschen. Und ich denk an Rosa Luxemburg, die sich „kategorisch weigerte, im Krieg etwas anderes, als das schrecklichste Unheil zu erblicken“. (bei Hannah Arendt, gefunden bei Simone Scharbert.)
THE WAR WILL END
The war will end
The leaders will shake hands
The old woman will keep waiting for her martyred son
The girl will wait for her beloved husband
And those children will wait for their hero father
I don’t know who sold our homeland
But I saw who paid the price
(Mahmoud Darwish) Reinventing memories: Two poems by Mahamoud Darwish
Freitag, der 17.1.25 (Ziesfeier)
Manchmal stürmts und schreits in mir drin. „Schreiend schreiben“, schlägt Friederike Mayröcker vor. Für was man eben alles so angefragt wird. Unbezahlt natürlich. Schreiend schneien. Wer weiß schon ob die Flocken nicht auch schreien? Auf ihre Weise. Und das Ziesfeiergeschrei von jenen, die mir Hasskommentare wegen "Ceasefire-Beiträgen" auf Insta geschrieben haben, die Freundschaften kündigten, die Arabisch zum heimlichen Unwort der Jahre erklärten tut weh, wie dem Vogel Kusch die Welt. Immerhin, die Woche bisher produktiv. Schneiend schreiben. Geschmelz auf dem Blatt. Stimmt zwar nicht, aber dennoch wird es irgendwie zur Wahrheit. Wie momentan ja außerdem alles Gelogene zur Wahrheit wird.
Samstag, der 18.1.25
Blick auf ausgefranste Wolkenkontinente, unförmige Teppiche also, lächelnd sich schüttelnde Hüfte vielleicht. Im Konzert hab ich ein Wort gefunden. Laulu. Lied auf Finnisch. Laulut im Plural. Ich denke an die Wortschöpfung von Aylin: Laulali. Sie ist aus einem nichtdeutschen Wort hervorgegangen, was mir einfach nicht mehr einfallen will. Vielleicht, Lawallahi, ich schwöre, auf Arabisch. Oder Laolu, Gottes Segen auf Yoruba. Ganz sicher steckt Lied drin und Laut und Lalelu. Nur der kleine Mond schaut durch ein Wolkenloch zu. Wehweht ein Glimmen zwischen die Buchstaben.
Montagsgedicht (Immer-Wiederholung vom 1.1.24 aus Gründen)

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