Tagebuchstaben = Mein Tagebuch/Wochenbuch.
Diesmal Reise nach Irsee. Die inspirierende "Meisterklasse Lyrik" mit Arne Rautenberg. Von Wörtern und Bäumen und zwei Fäden. Krieg und kostbar getröstet von Zeina Abirached und der Libanontaube. Tagebuchstaben = Mein Tagebuch/Wochenbuch.
Dienstag, der 30.7.24 (geträumt)
Wir suchen die ten essentials, also zehn Lebensnotwendigkeiten und schreiben sie als Liste auf. Von Smartphone bis Medikamente über Haferflocken und Buchstaben. Wir fragen und machen daraus Gedichte. Träume ich nur geträumte Dinge? (Mit Pablo Neruda). „Glaubst du an immer?, fragt der Wind den Regen?“ (Cummings) Und was wäre das Gegenteil? Ich schwinge also von Einhauchung zu Einhauchung. Ideenatem. Aus und ein und zwischen. Ich schwinge auf der „perhaps hand“.
Mittwoch, der 31.7. (Tuch)
Auf einer Linie im Notizbuch/ Sehe ich eine Taube in Tuch// was schreibt sie?/ eine Kralle taucht in unsichtbare Tinte/ Flügel rauschen Wörter/ eins heißt Faden// ein anderes Beirut/
Heute Morgen hat mich Zeina Abirached ein wenig getröstet, von der mir Véronique Sina vor zwei Tagen erst flüsterte. Ich nehme ihre kostbaren Fäden mit in meine Texttur, die heute Libanon heißt, das Land, das auch noch zu mir gehört, ich denke an die Osterferien 1975, als Krieg ausbrach, ich war Ferien-Kind und konnte mir die unheimlichen Geräusche nicht erklären. Die Tränen nicht, und dass der Fernseher im Zentrum des Tages stand. Und ich empfehle Euch, die schönen Graphic Novels von Zeina Abirasched. Danke auch an Maike, die heut Nacht an mich dachte.
Donnerstag, der 1.8.24 (Silben)
Libanontaube dein Ruf hatte zwei Silben
damals in Baddaoui aus Schimmerbrust
in mein Kinderohr dann stimmlos vor Panzern
daran denke ich heute an das erneute
Angstflimmern des Landes das ausbleibende
Geblätter deiner Flügel
Freitag, der 2.8.24 (zedern)
Ich reise mit zedernem Koffer, immer, sagen die Traurigkeiten, die nun im Haus sind. Und ich denke an May-Poet, ein Blühtührütüh möchte ich für sie schreiben aus Mai (Sie ist zwei Tage und drei Jahre vor mir im Mai geboren.) und Meise, ein Versgrün, ein Jasmingebüsch, dem Worttonikum das „grenzenlos und
unverschämt“ glücklich in meine härteren Tage tropft.
Samstag, der 3.8.24 (Abreise)
Eine Woche Lyrik mit dem zauberhaften Dichter, inspirierenden Wortklauba und feinsten Mensch Arne Rautenberg in Irsee geht heute zu Ende. Eine Woche Spiel mit Worten in einer wertschätzenden inspirierenden Atmosphäre. Mit Baden im See - mit herzly one and only Poesie- und Badegefährtin Kathrin Niemela (slide 2)- Essen auf den Tisch und rundherum Kunst. Zwei Faden Sprache gefunden bei Zeina Abirached, eine Lebenslilie und viel Funkelmaterial hab ich im Koffer wo nun auch Cummings flüstert, "like a perhaps hand", neben der traurigen Libanontaube, die mir die Nachricht von Krieg überbrachte. Nicht immer war ich deshalb Teil der ausgelassenen Runde, und nicht leicht verlasse ich deshalb Irsee, dennoch dankbar.
Sonntag, der 4.8.24
„Schreiben ist Reisen ohne Gepäck“, sagte ein Dichter aus Kiel in
in meine Tasse Kaffee vor meiner Platane an meinem Bach gestern. Und gestern auch Rückmeldungen von zwei Testleser*innen. Es tut einfach gut in diesen Zeiten zu wissen, dass jemand an mein Werk glaubt.
Montagsgedicht
Dieses Gedicht
Ach dieses Gedicht
Es wirrt und irrt und
findet mich nicht
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