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"das wort ist ein geschichtenbüro" erik, 4

AutorenbildAndrea Karimé

Hold fast to dreams - tagebuchstaben 19

Aktualisiert: 15. Mai

Tagebuchstaben 19, von Träume bis Tropfen

Meine Woche mit viel Schreiben und Bleiben, Wortgeländer von Sasha Mariana Salzmann und Upile Chisala, einer Botschaft und dem Montagsgedicht.




Dienstag, der 23.4.2024 (Buch)

Heute ist der Welttag des Buchs. Ich schreibe Tagebuch. Das Tagebuch ist dein Freund, sagte José Oliver gestern auf seiner Lesung. Die tagebuchstaben sind meine Freundinnen. Jeder einzelne ist Nahrung und Hoffnung. Die Elstern rupfen die Wolken vom Sonnenlicht mit ihrem Schnabelgeklapper und voilà: Eine saubere Himmelsschüssel guckt mich an, während ich meinen Hafermilchkaffee trinke und darüber nachdenke, wie ich aus Römer 8 ein Kinder-Gedicht mach. Und aus den Korinthern, die keine Korinthen sind, es aber werden, durch Liebe. Ein großer Kuchen des Lebens aus Korinthen, von denen jede wichtig ist und dazu gehört.

Und landen will im Zwitscher-Buch

BÜLBÜL BÜBÜL BIBIL

(bülbül = Türkisch =Nachtigall)

 

Mittwoch, der 24.4. (Tropfen)

Lächeln hinter Hochhaus. Badeschaumimpressionen. Vielleicht die Geschichte, „die im Lächeln anfängt und im Auge endet“. Upile Chisala schrieb diesen Vers und er enthält die Welt. Viele Geschichten enden in Tropfen. Augentropfen. Zum Beispiel die des Kleinkinds aus Gaza, das in Trümmern (das englische Wort ist so gruselig verspielt: rubble) rubbelt, herumirrt, weil seine Eltern und alle Angehörigen tot sind. Desorientiert und traumatisiert läuft es einfach hinter irgendwem her, der eine menschliche Stimme und vielleicht etwas zu essen hat und ein wenig Wärme vom Körper abstrahlt. Mein Notat beginnt mit Lächeln und endet mit Tropfen.


Donnerstag, der 25.4.24 (Album)

Wir rufen dich Galaktika, sang Dota Kehr mit ihrer Band gestern im Konzert, und meint die Fee, die die Welt retten soll. Das rührt mich, ich fühle die Kraft von Märchen und notiere mir die Wörter: Album, Gerede und zwischen. Und weiß noch nicht, was ich damit machen werde. Doch: Album wird verarbeitet zu einem längst überfälligen Insta-/Blogbeitrag über meine Schreibwerkstätten. schreibvergnügt, 1 Album will ich ihn nennen. Mit dem Stift die Galaktika-Fee rufen, das ist es, was ich mit den Kindern mache. Zwischen will in ein Gedicht. Zwischentisch /Zwischenfisch. Mischmischmisch, der Zwischenfisch, riecht fein nach Aprikose. Wohin er wischt, vom Zwischentisch/ mein mischmischmisch? Nur niemals in die Dose. Na ja. Poetische Morgengymnastik.

 

Freitag, der 26.4.24 (OMA)

Ich höre die Stimme eines fremden Vogels in tief hängenden kruden Wolkenknödeln. Aus dem hohen Gras wachsen schwarze Vogelköpfe. Heute war meine Oma zu Besuch. Ich träumte von meiner deutschen Oma. Und wache auf mit Dankbarkeit. Die Wohnung meiner Oma und sie, die kraftvolle, gütige, aber nicht immer gnädige Königin der 50 Quadratmeter war eine winzige Insel im schrecklichen Unwetter meiner Kindheit. Und wir sind es noch, will sie mir vielleicht mit ihrem Traum-Erscheinen sagen. Das schweigende Wohlwollen (Wohnwollen) meines Opas, die Quirligkeit und Kreativität und unbedingte Loyalität meiner jüngsten, noch zu Hause lebenden Tante. Diese winzige Insel war es, die, neben der Schule, Samen von Resilienz in mich gepflanzt hat. Später spreche ich darüber mit meiner Mutter. Ein seltener Augenblick echter Aufmerksamkeit breitet sich in der Leitung aus.

 

Samstag, der 27.4.24 (Träume)

Hold fast to dreams/ for if dreams die/life is a broken winged bird/ that cannot fly, -(Langston Hughes)- schreibe ich heute Morgen auf. Es ist das Motto des Versromans von Jaqueline Woodson in „brown girl dreaming“, den ich gerade mit einigen anderen der in Deutschland verpönten und als unverkäuflich verschrienen Gattung lese.  Was für ein Bild: Träume erhalten den freien Flug unseres Lebensvogels lebendig. Und lassen ihn nicht mit gebrochenen Flügel auf irgendeinem verlassenen Hügel verenden. Also träumt, träumt weiter. Seid Idealisten. Auch mein Schreibvogel bleibt so lebendig. Träumt und kritzelt ...

 

Sonntag, der 28.4.24

Im Dunkeln aufstehen und fortwehen. Lesereise. Mit einem Koffer voller Gewichte: Autogrammkarten für 600 Kinder und der Kigonki aus schwerem Metall. Ich trinke Kaffee, am offenen Fenster und see eine Elster gegenüber auf dem Dach. Einen Moment lang schaut sie mich an, als fragte sie: Kennen wir uns? Ich würde ihr gern erzählen, dass Elster mein Jahresvogel ist, dass eine Elster der erste Vogel war, den ich 2024 gesehen hab und dass es bedeuteten soll, dass ich noch besser auswähle, was ich mit meiner Zeit mache. Lesen auf jeden Fall. Die Elster nickt und fliegt weg. Und mir fällt das erste Mal auf, dass mein Lieblingspullover ein Elsternpullover ist.

Friendship ist a language„, lese ich bei Sasha Salzmann heute Morgen im Buch "Gleichzeit. Und nichts anderes als Freundschaft und dass „Freundschaften so eine Art Antidot“ sind, gegen die „Verstrahlung“ durch Kriege, Unmenschlichkeit, Hass, Feindschaft. Es ist wichtig, Freundschaften immer im Blick und Herzen zu haben; jemandem beizustehen kann dein Leben und das des anderen retten.  

Es ist die Sprache, die den Krieg überleben und allen Verstrahlungen widerstehen kann.


 

Montagsgedicht


Katze Kakao hat

Wolke in der Pfote

wollig wispernd

Wanillefischnnote

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