Tagebuchstaben
Meine Woche in Telegrammen und Notaten. Diesmal mit der weichen Wolkendecke, einer Traurig-Taube, einem Infekt-Insekt, einem freien Tag und einem schön tönenden Fön. Mit Montagsgedicht.
Montag, 7.10.24 (sieben)
ich dichte geschicht
von traurigtrieben
decke mich mit wolke zu
ich schichte gedicht
von kummerkummer
heißt oktober sieben
Dienstag, der 8.10.24 (Bayern)
Veranstalterin einer interkulturellen Woche in Bayern bietet Grundschule eine Lesung mit mir an. Bürgermeister: „Müssen wir jetzt wegen den zwei Ausländern* hier im Ort so eine Lesung machen?“
Finde die unendlich vielen Fehler.
(*wegen der zwei Ausländer:))
Mittwoch, der 9.10.24 (Infekt)
Infekt-Insekt hat mich gebissen. Hab Kopfweh, Durchfall und Gliederschmerzen. Hunger wegen Suppendiät. Höre das Geheimnis des Kalligrafen von Rafik Schami und lese Octavia Butler. Zwischendurch Weiterarbeit an einem Artikel, der am 15.10. abgegeben werden muss.
Donnerstag, der 10.10.24 (freiberuflich)
Immer noch abgeschlagen. Und Kopfweh. Workshops heute abgesagt. Aber als Freiberuflerin muss ich aufpassen: Ich kann nicht alles absagen. Und ich muss trotzdem an den Rechner: Zoom-Meeting wegen einer Onlinelesung, Artikel weiterschreiben, Mails an 10 Schulen in
Graubünden. So sieht es aus.
Freitag, der 11.10.24 (Zumutungen)
Schreibe über Zumutungen in der Kinderliteratur. Die einen sind positiver Natur und trauen Kinder was zu. Diese möchte der weiße Kinderliteraturbetrieb gern canceln: Vielschichtige Geschichten. Poesie. Mehrsprachigkeit. Neue Erzählformen. „Schwere Themen“. Die anderen sind problematische Zumutungen für Kinder. Und diese sieht der weiße Kinderliteraturbetrieb gar nicht überall als Zumutung: Dass in erster Linie weiße unversehrte Kinder stattfinden, dass rassistische Sprache verwendet wird, dass Heile-Welt erzählt wird uvm.
Samstag, 12.11.24 (12von12)
Ein freier Tag. Er heißt Wohnung und Haushalt. Er heißt tagebuchstaben, Gym, Freund*innen treffen. Der Tag will Abschalten genannt werden und das klappt nicht ganz. Mehr lesen in meinem Blogartikel 12von12. Mein Tag in 12 Bildern.
Sonntag, der 13.10.24 (Taube)
Am Kölner Bahnhof. Eine Taube steht reglos vor meinen Füßen. Sie ist dicker als die anderen. Ich sehe ihr Pochherz. Nun müsste ich eigentlich den Taubennotdienst rufen. Ich weiß, dass die Taube wahrscheinlich eine Virusinfektion hat und tierärztlich behandelt werden muss. Aber der Zug kommt. Und ich hab die Nummer nicht. Liebe Traurig-Taube, Zeugin menschlicher Begrenztheit. Ich verspreche, die Nummer zu recherchieren und einzuspeichern. Ich steige in den Zug ein und überlasse Traurig-Taube ihrem Schicksal.
Montag, der 14.10.24 (Fön)
Der Fön
tönt schön.
Ist das 1
Gedicht?
Weiß nicht!
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