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"das wort ist ein geschichtenbüro" erik, 4

  • AutorenbildAndrea Karimé

Ohrenamseln/ Warum ich "scheinbar festgeschriebene Regeln (im Kinderbuch) umtanze“

Aktualisiert: 26. Juli 2021

"Ich kenne in der Kinderbuchszene niemanden, der so konsequent scheinbar festgeschriebene Regeln umtanzt. Was interessiert Kinder? Aus welcher Perspektive schreibe ich? Welche Anspielungen sind kindgerecht? Welche Wortschöpfungen sind erlaubt? Darauf hat Andrea ihre eigene poetische und politische Antwort" (Kathrin Schrocke Instagram-Post 26.3.21)

Jeden Sonntag schreibe ich eine Ohrenamsel. Ich sitze am Fenster und lausche. Amseln flattern heran, Glockentön. Kinder im Hof. Ich verlinke mein Ohr mit dem Stift mit dem Blatt. Dabei kommen kleine fragmentarische im besten Falle poetische Texte heraus, Worträume, die ich auf Band spreche und als Audiopodcast mit einem SW-Foto veröffentliche. Zum Beispiel diese hier:


Alifbeet


Warum beschäftigt sich eine Kinderbuchautorin mit so etwas?


Mmh ...

Früher habe ich viel fotografiert. Meine Examensarbeit im Studium, ich habe Musik und Bildende Kunst studiert, sollte mein erstes Buch werden, ein Fotobilderbuch. Ich arbeitete mit Unschärfen und Bewegungen und wollte diesen Texte gegenüberstellen.

Ich suchte also nach Zitaten. Aber ich konnte nichts Passendes finden.


Irgendwann beschloss ich selbst Fragmente zu kreieren. Ich klaubte aus jedem Bild. Ein Wort-All. Heute würde ich sagen: Ich besuchte das schönste Zimmer in meinem Kopf und pflückte Wörter. Es wurde surrealistisch und poetisch. Bei der Präsentation wurde ich gefragt, ob die Verse von Kurt Schwitters seien. Ich wusste nicht, dass ich Verse geschrieben hatte.



Schwalbenreime


Vielleicht liegt es an diesem Klauben, an diesem poetischen „Aufgescheuchtsein“, dass ich Kinderbücher schreibe, die Gesetze missachten, und dass ich vor Kurzem wieder die Ohrenamsel begann, die Amsel im Ohr. Ein Gesang, der eine Sprache ist, die ich nicht verstehe, mir aber vertraut ist.


Vielleicht braucht es eine offene poetische Forschung als Voraussetzung für „ein „Regeln umtanzendes Schreiben“ für Kinder? Ich weiß es nicht. 

Material und Ideen entstehen jedenfalls immer. Neue Sprachen. Ah, halt. Da ist vielleicht die Verbindung.

Kinderbuchsprachen.

Doch genau die unterliegen vielen Gesetzen. Behauptungen über Kinderbuchschreiben ersticken oft Originalität und Poesie. Kurze einfache Sätze sollen es sein. Alles muss klar und verständlich sein. Jede Rede braucht einen Begleitsatz. Und und und ...

Aber ist das wirklich so? Und führen solche Behauptungen nicht zu fürchterlich schematischen Texten? Zu Lesefördertexten? (Die es zweifellos braucht, sage ich als ehemalige Grundschullehrerin, nur sollte man sie dann bitte auch so deklarieren!)

Keine Ahnung. Aber Fakt ist: „Es ist noch kein Kind an einem Nebensatz gestorben!“ Andreas Steinhöfel. Und: Geheimnisse und Rätselhaftes machen Texte interessant. 

Fakt ist aber auch, dass es viel zu viel Bücher für Kinder gibt, die sich ähneln, deren Handlungen voraussehbar sind und deren Sprachen leblos vereinfacht statt verdichtet sind und HeldInnen die in Zielgruppengefängnissen wohnen. (Damit sage ich nicht, dass es keine anderen Bücher gibt, nein, es gibt sie, (zB von Frauke Angel, zB von Stian Hole (mein Held), zb von Mehrnousch Zaeri Esfahani, zb von Andrea Behnke, Anja Tuckermann, Kirsten Reinhard, Tobias Elsässer Kathrin Schrocke und andere), ich verweise nur auf diese andere Schwemme der nach "Zahlen geschriebenen Kinderbücher".)


Das kann man alles machen, aber ich mache es nicht. Es langweilt mich.


Und wissenschaftlich erwiesen ist die Notwändigkeit der Schreibgesetze eh nicht.


Braucht die Welt aus dem Rahmen fallende Kinderbücher? Nicht mal das gebe ich vor zu wissen.

Fakt ist: Ich persönlich brauche eine Sprache die atmet. Von zwitschernden Bildern, auch wenn sich nicht immer alles erschließt.


Für ein neues Buch erfinde ich eine neue Sprache und so eine Ohrenamsel zwitschert auch mal ein Wort, das auf eine zukünftige Heldin verweist. Etwa das Lächelgebüsch von Rollas Großvater in „Wolkenweich und Kaffeekanne“ habe ich in einer Ohrenamsel aufgespürt. 

(Das Ergebnis sind Bücher, die laut Kathrin Schrocke aus dem Rahmen fallen, und laut Dr Alexandra Ritter von der Uni Halle "Poetisch, magisch, spannend und abenteuerlich und vielfältig" sind und die "das Herz und die Fantasie aller Kinder erreichen", wenn man Peter Fuschelberger vom Literaturhaus Salzburg glauben möchte.)

Hier findest ein paar der Ohrenamseln, die in letzter Zeit entstanden sind. Und ich werde regelmäßig weitere veröffentlichen. Wenn du auf Instagram bist, kriegst du es eh mit. @andreakarimee.
In diesem Sinne: Lasst die Buchstaben rascheln, schreibt wie Euch die Federn zwitschern und lest meine Bücher. Du findest alle im Überblick hier! Gute Woche!

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