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"das wort ist ein geschichtenbüro" erik, 4

AutorenbildAndrea Karimé

Gestohlene Sterne - Krieg, Kinder und die Kraft der Geschichten

Aktualisiert: 18. Apr. 2022


Viele Menschen beschäftigt derzeit die Kriegsbedrohung in Europa und das Leid der Menschen in der Ukraine. Wie geht es Kindern damit und wie darüber mit Ihnen sprechen? In meinem Blogartikel möchte ich einige Erfahrungen mit Euch teilen. Einmal die Erfahrung, selbst als Kind den Ausbruch des Bürgerkriegs im Libanon erlebt zu haben, ich erzähle vom Potenzial der Kinderbücher und Geschichten und von Schreibwerkstätten mit geflüchteten Kindern.





Bild: J. aus Syrien vermisst ihren Hund.

1. Kindheit und Krieg. Meine Geschichte 1975 verbrachte ich eine mehrere Monate in Tripoli im Nordlibanon, der Heimat meines Vaters. Mitten in dieser Zeit brach ein Krieg aus, der 15 Jahre lang dauern sollte. Ich hatte das Privileg, nicht bleiben zu müssen, da meine Heimat in Deutschland war, aber die Ereignisse sollten sich für immer in meinen Körper einschreiben. Vom nächtlichen Wachen wegen Schüssen und der Vibration durch Panzer über die ängstlichen Gesichter der Erwachsenen vorm Fernseher bis zum Bangen um die letzten Flüge. Vielleicht lag es daran, dass mein erstes Kinderbuch, eine Geschichte von einem von Krieg im Irak geflüchteten Mädchens war.


Als 2006 ein weiterer Krieg im Libanon ausbrach, wurden alle Erinnerungen, und alles was meine Verwandten erzählt und erlitten haben wieder lebendig. Ich begann meine Geschichte aufzuschreiben für Kinder.

"Tee mit Onkel Mustafa" ist die Geschichte eines Mädchens, das mit zwei Religionen, Sprachen und Kulturen in Deutschland aufwächst, aber in die Wirren des Kriegsausbruchs bei einem Besuch im Libanon gezogen wird.

Auch die jetzige Situation lässt Ängste und Erinnerungen lebendig werden, aber ich denke an alle Kinder, und besonders an die, die bereits wegen eines Krieges nach Deutschland geflohen sind, wie Nuri.


Foto: Ich, ein Jahr später,.     

2. Geschichtenwerkstatt mit syrischen Kindern Köln 
Als mich Larissa Bender von der Syrienhilfe Köln e.V.  im Sommer 2016 gefragt hat, ob ich eine Lesung für die syrischen Kinder in einer Kölner Einrichtung machen würde, sagte ich sofort zu, obschon ich auch Bedenken hatte, ob die Kinder mich verstehen würden. Dass die Lesung so ein großer Erfolg wurde, hatte ich nicht erwartet. Auch nicht, dass so viele Kinder schon gut Deutsch sprechen und verstehen konnten und mit meinen lediglich elementaren Arabischkenntnissen Sprachbälle zwischen mir und den Kindern lustvoll hin- und herfliegen konnten. Die Flexibilität, das Engagement und die Klugheit der Kinder sowie ihr riesiges Interesse an Geschichten,  auch daran, selbst welche zu erfinden, hat mich so begeistert, dass ich sofort Lust hatte,  im Anschluss eine  Werkstatt anzubieten. Larissa Bender von der Syrienhilfe hat eine kleine Info für die Eltern auf Arabisch übersetzt. So machte ich immer wieder sonntags auf in eine Unterkunft in Köln, die über einen (wenn auch lausigen) Gemeinschaftsraum verfügt. Im Gepäck hatte ich meinen Geschichtenteppich, kurze Tier-Geschichten aus aller Welt, meine Bücher sowie ein kleines Aufnahmegerät, von den Kindern „Sprecher“ getauft. Außerdem alles was man zum Zeichen und Kleben von Bildern braucht. Mehr ist nicht nötig um Geschichten entstehen zu lassen und einzufangen. Die Kinder haben ihre Geschichten in kleine selbstgebastelte Hefte notiert und gezeichnet oder diktiert. Manche Kinder haben als Übersetzer fungiert.  

Begleitet hat uns die Geschichte von Soraya, das kleine Kamel, das die Sterne vom Himmel holen möchte und sich eine Kette daraus machen, und niemand glaubt daran, dass das klappt. Es ist eine zutiefst tröstende Geschichte, das Motiv der Sterne haben die Kinder aufgegriffen und weiterverarbeitet. Berührende Texte sind entstanden.


Die Fische schwimmen im Meer.
Blablabla ist die Meermusik.
Die Menschen essen Fische.
So leben die Fische in Angst. (R., 10 Jahre alt)




In den Geschichten werden Tapferkeit, Hoffnung und Ängste der Kinder deutlich.

Es war einmal ein Delfin.
Er kam aus Amerika.                                                    
Er half Menschen.
Er schwamm ex