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"das wort ist ein geschichtenbüro" erik, 4

schneegeleewörter. von fiesezeit bis neunmalklug

  • Autorenbild: Andrea Karimé
    Andrea Karimé
  • 21. Jan. 2024
  • 3 Min. Lesezeit

tagebuchstaben 4

jeden tag ein notat. (auch das hilft durch fiesezeit.)

jeden morgen schreibe ich morgenseiten und daraus filtere ich ein notat. gedanken des tages. momente des tages ect. manchmal mit wörtern aus meinem manteltaschenbuch. manchmal mit wörtern von anderen, die ich gerade lese. manchmal nur aus den seiten des morgens.


Dienstag, 16.1.24 (Kind)

#schreibtagebuchstaben In all der Fiesezeit gibt es Lichtblicke. Einer ist z.B. das Wispern der Geschichten im Kopf. Beim Aufwachen wispern die Geschichten, an denen ich gerade schreibe. Und zwar für die Alle-Kinder-Bibel Nummer zwei. Ich freu mich also über ein Kind, das Geschichten erzählen kann, mit Schafen flüstert und Träume deuten kann. Das ist nach meinem Geschmack. Die Kräfte der Kinder zu erzählen.

Ich mache das in einer zum Teil erfundenen Sprache, breche Wörter, nehme den Faden Kindersprache auf, verzichte zu Gunsten der Poesie und Originalität auch hie und da auf grammatische Korrektheit. Mehrsprachigkeit wird im Hintergrund eingefädelt. Linsen, Segen, Träume und Glitzer sprechen.


(Ich mache das also in einer Sprache, die Faschos natürlich nicht/nie gefällt.)


Mittwoch, der 17.1.24 (Trauma)

Abends: Schneegelee auf der Straße. Ich bin dankbar, dass es leiset überall und dass der Schnee bremst. Alles und jeden. Jeden Körper. Ich krieche unter meine Decke und versuche die schrecklichen Gedanken zu verscheuchen. Höre Händelsonaten. A-Moll und C-Dur. Es klappt.


Donnerstag, der 18.1.24 (Schnee)

„Wenn du keine Zuversicht hast, musst du sie erfinden!“, höre ich in Simone Scharberts Podcast. Überall liegt Schnee. Auf Dach und Baum und Traum. Im Licht winterweiße Schneepartikel. Was ist als nächstes zu tun? Auch jetzt auf die Kinder hören. Im zugeschneiten Hof hocken sie. Rollen Schneekugeln, bauen winzige Schneeleute. Dann ruft die eine Kleine: „Einen ganz großen gemeinsam bauen!“

Simone zitiert mit diesem wunder-vollen Satz Bascha Mika. Die wiederum zitiert Ernst Bloch im Podcast. Was für ein Satz. So starte ich den Tag. So nur kann ich ihn starten. Denn trotz aller Retraumatisierung: Es bleibt die Kraft der Erfindung und meine Fähigkeit dazu. Das kann ich: Wörter voller Zuversicht erfinden: Samtlampe. Schneegelee. (Ein herrliches Wort mit 5x e.) Zuversicht in Geschichten erfinden: Immer. Minu und der Geheimnismann zb ist voller Zuversicht. Der Geheimnismann erzählt Minu in der Mitte des Buchs die Geschichte seiner riesigen Pusteblume in seinem Garten. Welche voller kleiner Schirmfeen ist. Schirminen. Und da schließt sich wieder der Kreis zu Simone am Anfang. Die Kinder in der Kita unseres gemeinsamen Poesie-Projekts nannten uns "Schirminen".


„In den Wolken irgendwo gibt es ein Luftschloss. Im Luftschloss wohnen die Träume und Wünsche. Denn es gibt dort einen gläsernen Saal. Den Schick-Saal. Kleine Feen mit Schirmen bringen die Wünsche der Welt in den Schick-Saal. Hier bleiben sie, bis sie vergessen werden oder in Erfüllung gehen. Manche Wünsche bleiben für immer. Die Wünsche machen wunderschönes Licht im Schick-Saal! Manchmal kannst du es am Himmel sehen, wenn die Sonne untergeht! Oder aufgeht.“ (Minu und der Geheimnismann. GundG-Verlag.)



Freitag der 18.1.24 (Nil)


Empörtes Nilgansgeschrei am Weiher. Wo ist das Wasser? Schneefelle auf meinen und ihren Welten. Vom Nil sind auch die Wolkenpferde im Osten, die funkelndes Apricot vor sich herschieben. Am Tagesrand, im Westen auch Apricot, leises.



Samstag, der 20.1.24 (Mondbein)

Heute wird mich eine Comic-Zeichnerin via Zoom fragen: „Wie geht es dir?“ Es ist ein Projekt aus Erlangen. Vom 7.10. betroffene Menschen werden gezeichnet und interviewt. Ich weiß noch nicht, was ich sagen werde. Vielleicht: „Wegen meinem arabischen Oberarm (vielleicht noch arabisches Mondbein der Hand) wird mir Nähe zum Terror unterstellt.“ Aber das beantwortet noch nicht die Frage, wie es mir geht. Ich schaffe einen Tag nach dem nächsten. Seit den Enthüllungen ist mein Leben ein turbulent schwankendes Schiff. Ich konzentriere mich, nicht dauernd zu stürzen oder zu kotzen. Deshalb Fokus auf Balance, meinen Körper. Laufen, schreiben, essen, good company. Circle of trust.

 

Sonntag, der 21.1. 24 (schreiben)

Ich schreibe, sage ich der Comiczeichnerin, ich schreibe über Kinder, ich schreibe für Kinder, ich schreibe tagebuchstaben, und das ist der Faden, an dem ich mich entlanghangle, die Spur, die durch meine Tage führt. Die gerade leuchten, wegen Schneeblau und Sonne. Minu (erfundene Figur) würde sagen: „Schau mal, die feinen Schneeleute kommen. Jetzt wird alles gut!“

 


Preview auf Montag, der 22.1.24 (neunmalklug)


kinder, mindestens neunmalklug

kicherklug frageklug weinklug 

dreimalklug 

staunklug neugierklug neinklug

sechsmalklug 

unfugklug wimmelklug scherzklug

neunmalklug 

handklug fußklug herzklug

oh schon zwölfmalklug


...

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